Wer sein Geld klassisch anlegt, statt in Devisen oder Aktien, wird jetzt die Hände über seinem Kopf zusammen schlagen. Die Europäische Zentralbank verkündete, dass sie die Leitzinsen tiefer ins Minus drücken könnte. Denn die Konjunktur läuft einfach nicht wie gewünscht. Schlimmstenfalls müssten Banken auch die Guthaben von Kleinsparern belasten.
Umsetzung schon im September möglich
Nach der aktuellen Sitzung bleibt alles wie gewohnt. Banken zahlen 0,4 Prozent Strafgebühr, wenn sie Geldmittel bei er EZB über Nacht einlagern. Der Leitzins liegt mit null Prozent am Boden. Daran haben sich klassische Geldanlagen „gewöhnt“. Sparen mit Tagesgeld, Festgeld & Co lohnt sich kaum noch. Angesichts der Inflation geht der Werterhalt sogar ins Minus.
Doch der EZB-Rat sieht das untere Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Sollte die EU-Wirtschaft nicht unverhofft stark wachsen, könnten im September weitere Schritte folgen. Neben einer Zinssenkung ins Negative, sind auch wieder massive Anleihekäufe denkbar. Außerdem debattieren die Währungshüter über Einlagensätze.
Momentane Prognosen sehen dunkle Wolken aufziehen. Europas Konjunktur leidet ohne Aussicht auf Besserung. Der Ifo-Index stürzte deshalb auf den niedrigsten Wert seit April 2013 ab. Mit einer Inflation von zuletzt 1,3 Prozent gibt sich die EZB auch nicht zufrieden.
Aufwärts geht es dagegen an den Aktienmärkten und das schon seit geraumer Zeit. Da fragt man sich, ob dies alles so gewollt ist. Zu Lasten der Sparer und zu Gunsten der Investoren. Sparbücher sind kaum noch etwas wert. Doch genau solche Anlagen bleiben weiterhin beliebt. Laut Bundesbank hatten die Deutschen zum Jahresende 2018 stolze 2,5 Billionen Euro in klassischen Anlageformen ohne Risiko investiert.
Harsche Kritik trifft auf taube Ohren
Dass es anders gehen kann, davon wollen die Währungshüter der EZB nichts hören. Beobachter vermuten, dass Präsident Mario Draghi noch einen Paukenschlag von -0,4 auf -0,5 Prozent oder schlimmer wagen wird. Ende Oktober verlässt er dann seinen Posten. Verlässt hier etwa der Kapitän das sinkende Schiff?
Im Moment prüft die EZB, ob sie den Negativzins je nach Einlagenhöhe staffeln könnte. Banken mit großen Reserven würden dann mehr zahlen.
Dabei bluten die Geldinstitute jetzt schon aus. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat berechnet, dass die minus 0,4 Prozent über 600 Millionen Euro pro Monat bedeuten. Gerade Deutschland ist stark davon betroffen, weil wir ein Volk der Sparer sind.
Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), appelliert an einen Kurswechsel: „Ein weiteres Anhalten oder eine Verschärfung der Negativzinsen wird für die Wirtschaft und für jeden in diesem Land deutlich spürbar werden.“
Noch spüren Kleinanleger nichts von den Negativzinsen. Doch wenn die EZB weiter ins Minus rückt, ist ein Durchreichen der Kosten wahrscheinlich. Großanleger kennen diesen Effekt bereits.