Was soll die Europäische Zentralbank (EZB) nur machen? Der Euro scheint sich in einer Sackgasse verfahren zu haben, nach unten gibt es kaum noch Spielraum und eine Lösung war die erneute Senkung des Leitzinses auch nicht. EZB-Chef Draghi darf sich dafür den Hohn, Spott und die Kritik vieler Beteiligter anhören.
Neue Regeln
Der Leitzins wird vorerst auf seinem flachen Niveau bleiben, denn die EZB hat entschieden, sich künftig nur noch alle sechs Wochen über die Zinspolitik zu beraten. Dies gilt ab Januar 2015, erklärte Draghi. Die Treffen zweimal im Monat sind damit Geschichte. Damit richtet man sich wohl nach dem Vorgaben der US-Notenbank Fed, doch ein Zusammenhang sei nicht gegeben, sagte Draghi. Der Verdacht und mögliche Absprachen liegen aber nahe.
Ab nächstem Jahr wird es dann auch die Sitzungsprotokolle nach den Gesprächen öffentlich zum Nachlesen geben. In der Pressekonferenz nach der Senkung des Leitzinssatzes auf 0,15 Prozent, gab es viel Diskussion. Die erste Sitzung im Juli brachte keine Veränderung, der Leitzins wird noch für eine Weile auf diesem Niveau bleiben, erklärte Mario Draghi im Anschluss.
Zu den geplanten neuen Krediten für Banken gibt es nun ein paar Details. Bis zu 1.000 Milliarden Euro, also eine Billion, sind im Gespräch. Dies sei ein Teil der im Juni angekündigten Maßnahmen, um den Euro gegen die Deflation zu stabilisieren. Das Geld steht aber nur jenen Banken zu, die auch gewillt sind, es dann in Form von Darlehen an Unternehmen und Privatpersonen weiterzugeben. Hierbei war bislang von 400 Milliarden Euro die Rede. Vom März 2015 bis Juni 2016 sollen aber noch sechs dieser Pakete geschnürt und verteilt werden.
Kaum spürbare Resonanz
Gut einen Monat wissen wir nun schon von dem neuen extrem niedrigen Leitzins und das mehr Geld in die Märkte gespült werden soll. Doch die erhoffte Reaktion der Wirtschaft blieb aus: „Eigentlich war die Luft nach der letzten EZB-Sitzung schon raus, daher reagieren die Märkte auch kaum. Die Reaktionen, die wir sehen, sind wohl eher dem US-Arbeitsmarktbericht geschuldet“, erklärte Sebastian Sachs von der Metzler Bank. Die Mehrheit entscheidet sich für das Abwarten der neuen Inflationsdaten.
Doch es machen sich auch Zweifel breit: „Es bleibt weiterhin fraglich, ob damit wirklich eine Erhöhung der Kreditvergabe in Südeuropa erreicht werden kann“, meint Jan Holthusen von der DZ Bank. In der Hinterhand hält die EZB noch ein großes Anleihekaufprogramm, wenn alle Stricke reißen sollten.
Hans-Werner Sinn sieht das Ende voraus
Kurz bevor sich die EZB zur Senkung des Leitzins entschieden hatte, erklärte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn, dass man sich die Krisenländer nicht an den Euro klammern sollten. „Ein Euro, in den man nur ein- aber nicht austreten kann, ist ein Gefängnis“, meinte Sinn gegenüber dem „Wall Street Journal Deutschland“. Sich „an den Euro klammern“, sei für die Bevölkerung der betroffenen Länder nicht die richtige Strategie. Der Wirtschaftsforscher geht aber noch weiter und greift die EZB sowie Draghi an: „Faktisch hat sie die Investoren rausgehauen und das Risiko dem Steuerzahler aufgebürdet.“ Er betont weiter, dass die US-Notenbank mehr Aufgaben hat, aber die EZB tatsächlich mehr tut als vorgesehen. „Ich teile die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, dass die EZB ihr Mandat überschritten hat“, sagte Sinn. Am Ende trifft es den Steuerzahler, wenn ungesunde Banken länger als nötig unter die Arme gegriffen wird.