Außerhalb Großbritannien hatte man nun genug Zeit um seiner schlechten Laune zum Brexit etwas Gehör zu verschaffen. Am vergangenen Wochenende trafen sich die EU-Länder in Brüssel. Schnell wurde klar, dass man die britischen Banken für den EU-Austritt bluten lassen will. So will man den Handel mit Euro-Derivaten der EU-Kontrolle unterwerfen. Wie das Pfund wohl auf diese Idee reagieren wird?
Hitzige Stimmung vor Juni-Verhandlungen
Auf jeden Fall zeichnet sich aus Brüssel eine klare und harte Linie ab. Die „Financial Times“ berichtete, dass die im Juni stattfindenden Verhandlungen von der EU-Kommission zu neuen Gesetzesinitiativen genutzt werden sollen, welche man pünktlich zum Stichtag vorlegen will. Diese Entwürfe stellen vermutlich einen Angriff auf eines der ältesten und wichtigsten Geschäfte in London dar: Das britische Bankwesen.
Die auch als „Clearing“ bekannte Euro-Derivate, müssten demnach in Zukunft von der EU kontrolliert sein. Mit dem Brexit wären die britischen Banken dann dazu gezwungen, jede Handlung in dieser Hinsicht von der Brüsseler Aufsicht absegnen zu lassen. Insgeheim dürfte dieser erhebliche Druck dazu führen, die Clearing-Abteilung aufs Festland umzuziehen. Sollte alles tatsächlich so eintreffen, wäre ein Startschuss für die neuen Bedingungen schon vor dem März 2019 möglich. Dann nämlich wird Großbritannien ganz offiziell die EU verlassen.
Und warum betrifft das gerade London? Weil hier das Geschäft mit dem Clearing einen wichtigen Teil der Stadt ausmacht. Swaps mit Zinsen und Währungen liegen hier hoch im Kurs. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) erklärte, dass in der Londoner City etwa drei Viertel aller Euro-Derivate abgewickelt werden. Das wissen mit Sicherheit auch die Entscheidungsträger in Brüssel. Deshalb wollen sie diesen wunden Punkt der Briten beim Brexit ausnutzen.
Banken wird Pistole vorgehalten
Ein Dokument dazu, welches der „Financial Times“ vorliegen soll, enthält in seinen Details sehr brisanten Zündstoff für die Verhandlungen. Dort wird unter anderem von der „direkten Beaufsichtigung auf EU-Ebene“ gesprochen. Ebenfalls ist von „Standortvorgaben“ die Rede und zwar immer dann, wenn die Institute eine „systemische Bedeutung für die EU-Finanzmärkte“ haben. Es besteht kein Zweifel, dass man hier London die Pistole vorhalten will.
Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young sind der Ansicht, dass durch diesen Entwurf mehr als 80.000 Jobs in der Londoner City gefährdet sind. Mit dem Zwang zum Umzug auf den Kontinent, würde Großbritannien den Kürzeren ziehen. Jedoch dürfte es auch seitens der EU zu einer kräftigen Auswirkung kommen.
Der Euro kann frei in andere Währungen gewechselt werden. Die politisch beeinflussten Entscheidungen sind hier nicht zu übersehen. Wenn sich Regierungen zu sehr in Devisengeschäfte und andere Finanzmärkte einmischen, hat das schon immer die Investoren verärgert.
Warum verhält man sich also nicht diplomatisch zum Brexit? Die Schweiz macht es vor. Etwa 70 Prozent der Zinsderivate in Franken werden in London gehandelt. Von dort gibt es aber keinerlei Vorschriften zum Standort. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer ernsthaften Trennung der europäischen Banken vom Londoner Finanzmarkt. Britische Banken würden vermutlich umziehen, aber mit Sicherheit nicht aufs europäische Festland. Vielleicht käme dann New York in Frage. Damit wäre am Ende niemandem geholfen.