Mario Draghi leitete acht Jahre lang die Geschicke der europäischen Währungshüter. Nun ist das Ende seiner Amtszeit eingeläutet und seine Nachfolgerin steht fest. Im Moment ist Christine Lagarde noch für den Internationalen Währungsfonds (IWF) zuständig. Doch ab November nimmt sie den Chefsessel bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ein. Wird sie den geldpolitischen Kurs von Draghi fortsetzen oder neue Wege einschlagen?
Breite Zustimmung für Lagarde
Wirkliche Konkurrenz hatte die Französin nicht zu befürchten. Ihre Nachfolge auf Draghi stand kaum zur Debatte. So war es nicht verwunderlich, dass sie bei der Befragung im EU-Parlament breite Zustimmung erhielt. Sie gewann die Abstimmung mit 394 zu 206 Stimmen, plus 49 Enthaltungen. Sie erhielt vorab bereits Rückenwind von Grünen, Konservativen, Liberalen sowie einigen Sozialdemokraten. Allerdings kam es zu einer geheimen Abstimmung, sodass kaum Spielraum für Diskussionen bestand.
Notenbank-Direktor Yves Mersch wurde zugleich als Vizechef der EZB-Bankenaufsicht aufgestellt. Für ihn ging bereits im Februar die EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger. Weshalb die Stellenbesetzung längst überfällig war.
Die Pläne von Lagarde
Mit einer Zinswende ist nicht zu rechnen. Lagarde hatte sich Anfang September im EU-Parlament anhören lassen. Sie will an der ultralockeren Zinspolitik von Draghi festhalten. Wichtig sei ihr außerdem eine grüne Finanzpolitik. Was dies für den Euro bedeutet, müssen wir auf uns zukommen lassen. Eine Geldschwemme schwächt eine Währung in den Wechselkursen für gewöhnlich ab.
Es gab auch Kritik für Lagarde
Die 206 Gegenstimmen sollten nicht außer Acht gelassen werden. Denn sie zeigen einen deutlichen Widerstand auf. Markus Ferber, seines Zeichens CSU-Politiker, zeigte sich erfreut, dass Lagarde künftig transparenter über die Zinsentscheidungen berichten möchte. Für ihn ist aber auch klar, dass „auf mittlere Sicher aus der ultralockeren Geldpolitik“ der Ausstieg stattfinden muss.
Martin Sonneborn, Bundesvorsitzender der Partei „Die PARTEI“ und Mitglied des EU-Parlaments, zeigte die mangelhafte Eignung Lagardes satirisch auf. Er nannte ihre größten Fehler beim Namen. „Als französische Finanzministerin war sie nicht nur für die Veruntreuung von 403 Mio. Euro verantwortlich, sondern hat ihrem Land auch eines der ruinösesten Haushaltsdefizite der Geschichte hinterlassen“, erklärt Sonneborn auf Facebook. Er verwies zudem auf Griechenland und die Auswirkungen des IWFs. Sie habe dazu beigetragen, das Land in „die dramatischste Rezession aller Zeiten“ geführt zu haben.
Noch ist aber nichts endgültig entschieden. Das Votum der EU-Parlamentarier dient nur als erster Gradmesser. Im Oktober findet die mögliche Ernennung Lagardes statt. Dann muss der Rat der EU-Mitgliedsstaaten sein Urteil verkünden.