Seit Wochen befindet sich die Türkische Lira auf keinem guten Kurs zu den anderen Währungen. Kürzlich getroffene Aussagen von Recep Tayyip Erdogan verschlimmern die Talfahrt nur noch, so scheint es. Wie er nach der Präsidentenwahl mit der Lira verfahren möchte, löste eine starke Nervosität an den Finanzmärkten aus.
US-Ratingagentur Fitch äußert Sorgen
Wenn es so kommt wie verstanden, dürfte Erdogan künftig mehr Einfluss auf die Türkische Zentralbank nehmen. Seitens der US-Ratingagentur Fitch gab es deshalb berechtigte Sorgen zum Fortbestand deren Unabhängigkeit. Der gestrige Dienstag brachte binnen weniger Stunden einen Verlust von 1,3 Prozent gegenüber dem US-Dollar mit sich. Zwischenzeitlich gab es 4,66 Lira für einen Dollar. Beim Euro sah es mit 5,49 Lira noch schlimmer aus. Am gestrigen Nachmittag stellte sich eine leichte Erholung ein.
Einen Monat rückblickend, verlor die türkische Währung aber schon 14,64 Prozent an Wert. Eine heftige Inflation von knapp elf Prozent und das hohe Leistungsbilanzdefizit, schüren die Ängste vor dem finanziellen Kollaps. Hinzu kommt nun, dass Erdogan viel mehr auf die Geld- und Wirtschaftspolitik einwirken wolle. Fitch warnte deshalb vor erhöhter Unsicherheit, weil man das Handeln der türkischen Währungspolitik schwieriger vorhersehen könnte.
Der Wunsch von Erdogan: Den Leitzins senken! Ökonomen widersprechen seiner Ansicht, weil der Währungsverfall wohl nur mit einer Zinsanhebung zu korrigieren wäre.
Erdogan und die Türkische Zentralbank
„Das wird manchen nicht behagen“, erklärte der türkische Präsident im Interview mit „Bloomberg“. Er nimmt dabei Bezug auf die geplante Kontrollübernahme der Türkischen Zentralbank. Alle, die mit der türkischen Wirtschaft im Zusammenhang stehen, werden diese Veränderung spüren. Nach seinem Interview verlor die Lira erneut Boden und landete auf ihrem Allzeittief.
Trotz steigender Inflation, Erdogan drängt auf eine Senkung der Leitzinsen. Er bezeichnet Zinsen als die „Vater und Mutter allen Übels“. Wer mit Devisen handelt, versucht nun seine gehandelten Lira schnellstmöglich zu verkaufen. Kommt es wie von Erdogan geplant, dürfte die ohnehin hohe Inflation noch weiter steigen. Mit der schwachen Währung wachsen die Importkosten. Was wiederum die Inflation begünstigt. Eine Teufelsspirale, welche der türkische Präsident nicht erkennen will.
Somit verdeutlich Erdogan, dass er das Zusammenspiel von Ursache und Wirkung bei den Leitzinsen nicht richtig versteht. Sein Wahlsieg erscheint unterdessen unausweichlich.
Im genannten Interview zückt Erdogan dann noch einen Zettel. Auf diesem stehen die Leitzinsen und Inflationsraten von Ländern wie Großbritannien und Argentinien. Aus deren Differenz leitet er seine Realzinsen ab. Für ihn steht damit fest: „Je niedriger die Zinsen sind, desto niedriger ist die Inflation.“
Dabei erhöhen Zentralbanken ihre Leitzinsen nur dann, um vor einer zu hohen Inflation zu schützen. Somit entzieht man dem Wirtschaftskreislauf finanzielle Mittel und schränkt die Teuerung ein. So sei es vor kurzem in Argentinien geschehen. In Wirklichkeit senken Zentralbanken jedoch die Zinsen, damit weniger gespart und mehr ausgegeben wird. So passiert es derzeit in der Eurozone, wo die EZB denkt, die Inflation sei zu niedrig.
Zumindest versicherte Erdogan, dass die Türkische Zentralbank weiterhin „unabhängig“ bleiben werde. Jedoch müsse sie auf die „Signale“ vom Präsidenten reagieren.